Dienstag, 1. November 2016
ein text über meine sucht
biovita, 10:55h
ich nenne meine sucht "das eichhörnchen". hab ich mir von david foster wallace geklaut. lest "unendlicher spaß"! wirklich ein jahrhundertroman.
so. hier nun, der text. rechte liegen bei mir ;)
Das Eichhörnchen
Hallo, ich bin .... und ich bin nicht alleine hier. Ich habe immer ein Eichhörnchen dabei, ihr seht es nur nicht, weil es sich meistens versteckt, wenn ich in der Öffentlichkeit stehe und Rollen spiele.
Ich habe das Eichhörnchen kennengelernt, als ich 16 war. Damals saß ich oft an einem stillgelegten Bahnhof unter einer Treppe. Ich mochte das Dunke, das Modrige, die Einsamkeit und den Gestank nach Pisse. Dort saß ich nachmittags nach der Schule, wenn ich nicht auf einem Baum saß. Das war mein zweiter Lieblingsort. Hoch oben in einem Baum mit Blick auf die Fußballplätze. Dort saß ich mit meinem Schreibblock und schrieb, während die Menschen an mir vorbeigingen und nicht nach oben sahen. Es guckt sowieso nie jemand nach oben.
Auch das Eichhörnchen nicht. Und so traf ich es auch nicht auf dem Baum, sondern unter der Treppe. Ich sah das Eichhörnchen und fand es irgendwie interessant, doch es beachtete mich nicht, und ich wusste auch nicht, wie ich es anlocken konnte. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich mich mit dem Eichhörnchen besser verstehen würde als mit meinen Schulkameraden oder meinen bekloppten Eltern. Ich wollte es unbedingt kennenlernen.
Und so ging ich in die Bücherei und besorgte mir alles, was es über Eichhörnchen an Informationen zu finden gab. Wie man es anlocken kann. Was es mag. Wie man mit dem Eichhörnchen umgeht.
In der Schule lernten wir nichts über Eichhörnchen. Bis auf einmal, in der 5. oder 6. Klasse, da wurde das Eichhörnchen erwähnt, seltsamerweise im Religionsunterricht. Mein Lehrer mochte keine Eichhörnchen. Er sagte, Eichhörnchen sind böse und die Tiere des Teufels. Ich mochte weder Religionsunterricht noch gläubige Menschen und Erwachsene hielt ich als 12/13jährige für elendige Lügner, die eh nie die Wahrheit sagen. Deshalb machte mich das nur neugieriger auf das Eichhörnchen und auf die Nüsse, die es dabei hat. Wir lernten, dass es verschiedene Nussarten gibt, die alle anders schmecken. Später lernte ich, dass fast jeder Mensch Nüsse mag, bis auf die mit Nussallergie, aber jeder mag andere. Der eine mag Walnüsse, der andere Haselnüsse und einer ißt nur Erdnussbutter, was auch nussig genug sein kann.
Ich versuchte täglich, das Eichhörnchen anzulocken, damit es mir den Platz mit den Nüssen zeigt. Durch das ganze Lesen fühlte ich mich bestens vorbereitet und ich dachte, dass wir Freunde werden können, wenn ich es nur richtig anstelle. Also eine gute Freundschaft. Eine auf Augenhöhe. Endlich jemand, der mir zuhört und mich versteht.
Ich saß unter der Treppe und redete mit dem Eichhörnchen, dass ich nicht sehen konnte. Am nächsten Tag lagen Nüsse unter der Treppe. Ich nahm den Geruch nach Pisse und die Modrigkeit schon lang nicht mehr wahr, ich hatte mich daran gewöhnt. Nun hatte ich Nüsse, aber keinen Nussknacker. Wie bekomme ich die Nuss auf??? Ich probierte alles, bis ich eine Lösung fand und mir einen Nussknacker selbst baute.
Als ich meine erste Nuss aß, wusste ich, dass ich recht hatte. Die Nüsse schmeckten hervorragend! Paradisiesch! Natürlich wollen die Erwachsenen nicht, dass wir uns mit Eichhörnchen unterhalten und Nüsse essen. Die wollen das bestimmt nur für sich und sind neidisch, weil ich jetzt auch Nüsse habe. Ich muss aufpassen. Ich muss von dem Eichhörnchen lernen und meine Nüsse verstecken. Und den Nussknacker auch. Ich darf niemandem davon erzählen! Das ist mein Geheimnis. Unser Geheimnis. Wir werden bestimmt Freunde, das Eichhörnchen und ich.
Ich ging nun jeden Tag zum dunken Platz unter der Treppe. Den Baum habe ich nicht mehr besucht. Auch mein Schreibblock blieb zuhause. Ich erzählte meine Geschichten nun dem Eichhörnchen. Jeden Tag ließ es mir Nüsse da. Meine Geschichten schienen ihm zu gefallen. Ich bekam immer nur Walnüsse, andere gab es wohl in der Gegend nicht. Es machte mir aber nichts aus, jeden Tag Walnüsse zu essen. Ich bin eine treue Seele. Ich esse auch immer jahrelang dasselbe zum Frühstück oder trinke diesselben Getränke, ich gewöhne mich und frage mich, was denn noch besser schmecken könnte.
Nach einem Jahr mit Walnüssen und dem Eichhörnchen, dass ich immer noch wirklich zutraulich gemacht habe, wurde es mir zu langweilig, immer nur unter der Treppe in dem Loch zu sitzen.
Ich wechselte das Ambiente und stellte fest, dass es woanders andere Nussarten gab. Mein Chef erzählte mir, dass er ein Eichhörnchen zum Freund hat, er schien stolz darauf zu sein. Ich war überrascht, dass mir ein Erwachsener von Eichhörnchen erzählt. Seins brachte aber Haselnüsse. Er war so begeistert von den Haselnüssen, dass ich beschloss, es auch mal mit Haselnüssen zu probieren. Sein Eichhörnchen lebte nicht unter einer Treppe an einem stillgelegten Bahnhof. Sondern in einem Lokal an einem Bahnhof, der nicht stillgelegt war. Entsprechend voll war es dort. Und überall Nüsse, einfach so, auf den Tischen. Was für eine Welt! Und ich sah die Eichhörnchen durchs Lokal flitzen, aber keins sah aus wie meins. Diese Eichhörnchen hier wirkten anders. Einige waren ganz zerzaust. Einige sehr abgemagert. Ich sah sogar Eichhörnchen, die an einer Leine geführt wurden. Und Eichhörnchen, die irgenwie böse aussahen.
Nachdem ich einige Monate mit meinen Chef seine Nüsse gegessen hatte, verging mir der Appetit, denn er stellte mir sein Eichhörnchen vor. Ich merkte sofort, dass es ein böses Eichhörnchen ist. Und ich hatte recht. Es klaute dem Chef seine Nüsse, es bestahl sogar den Oberboss und behauptete, der Chef sei schuld. Deshalb durfte der Chef nicht mehr arbeiten und war nun täglich mit seinem Eichhörnchen unterwegs. Ich sah ihn nicht mehr. Dafür sein Eichhörnchen. An seinem Grab, einige Monate später. Es tanzte auf dem Grab und freute sich. Seitdem bin ich vorsichtig mit Haselnüssen.
Als ich 18 wurde, zog ich aus, damit ich bessere Verstecke für meine Nüsse habe. Ich dachte, dass meine Mutter, wenn ich auf der Arbeit bin, bestimmt mein Zimmer durchsucht, weil sie meine Nüsse haben will. In meiner eigenen Wohnung hatte ich viel Platz und gute Verstecke. Und es gab einen Baum vor meinem Fenster, einen Walnussbaum. Ich hoffte, dass ich mein Eichhörnchen noch mal wiedersehen würde, aber es blieb bei den Nüssen.
Ich lernte immer mehr Menschen kennen mit Vorlieben für Nüsse. Ich lernte, das einige Menschen so viel Lust auf Nüsse hatten, dass sie sogar neue erfanden. Im Labor. Künstliche Nüsse! Was es nicht alles gibt. Die Erwachsenenwelt hat einiges zu bieten, und nichts davon haben die mir vorher gesagt. Die Erwachsenen wollen nur nicht, dass wir Nüsse essen, weil sie sie für sich haben wollen, sagte ich mir immer wieder. Ich lernte, dass ich die Nüsse nicht nur roh essen muss und lud mir Menschen ein, die mir zeigten, wie man Nusskuchen backt.
Ich hab meinen seriösen Beruf aufgegeben, weil ich die Nussmenschen einfach spannender fand. Gerade nachts trifft man viele Menschen mit Nüssen und versteckten Eichhörnchen. Ich war überrascht, wieviele Nusssorten es gibt. Ich probierte sie alle. Die einen schmeckten mir mehr, die anderen weniger gut. Aber zum Schluss kam ich immer wieder auf den Anfang zurück. Die Walnüsse. Das Eichhörnchen, den Gestank nach Pisse, die Modrigkeit und die Pubertät hatte ich fast vergessen.
Irgendwann, nach zwei, drei Jahren, wurde mir schlecht von den ganzen verschiedenen Nüssen. Manchmal tat mein Bauch mir tagelang weh, weil ich zu viele verschiedene Nüsse gegessen hatte.
Ich ließ es sein mit den verschiedenen Nüssen, ging spazieren und fand einen Walnussbaum. Ich erinnerte mich, dass es mir allein mit den Walnüssen immer gut gegangen ist. Das hat vor Jahren geholfen, es wird auch jetzt helfen.
Und so sammelte ich Walnüsse. Und nahm sie mit nach Hause.
Ich sperrte mich in meine Wohnung ein und beschäftigte mich mit den Walnüssen. Besorgte mir neue Bücher über Eichhörnchenpflege und Rezeptbücher für Walnüsse.
Dann kam ein langer Winter. Es lag Schnee. Ich hatte Mühe, die Nüsse zu finden, denn die, dich gesammelt hatte und in meinen Verstecken gelagert hatte, waren verzehrt. Ich durchsuchte meine ganze Wohnung nach Walnüssen, die ich vielleicht übersehen habe, fand aber wenn nur kleine Krümel, die mir beim essen aus dem Mund gefallen sind. Ich rief andere Walnussfreunde an, doch niemand wollte etwas abgeben. Alle dachte, das der Winter lang wird und sie hockten auf ihren Vorräten. Da merkte ich, dass meinen Freunden die Nüsse wichtiger sind als ich.
An diesem Abend, als ich keine Walnüsse fand und deshalb sehr traurig war, ich durch meine Wohnung kroch und die Krümel zusammensuchte um zu gucken, ob ich mir daraus nicht zumindest noch nen Keks backen könnte, da war es auf einmal da.
Das Eichhörnchen. Es lugte um die Ecke. Es hatte so süße Augen. Es war kein böses Eichhörnchen, nicht so, wie das vom Chef. Es war süß. Es war gut genährt. Es hatte so süße Knopfaugen. Ich fasste sofort Vertrauen und redete wieder mit dem Eichhörnchen, wie früher, unter der Treppe.
Diesmal verschwand es nicht. Es blieb bei mir und redete mir mir. Es erklärte mir, wie man sich am besten Nussvorräte anlegt, um über den Winter zu kommen, wo es die besten Nüsse gibt und dass ich aufpassen soll, wem ich erzähle, wo ich meine Nüsse lager. Ich dachte, jeder möchte nur meine Nüsse haben, statt mit mir zu sprechen. Den Menschen gegenüber wurde ich nun vorsichtiger. Ich hatte Angst, dass jemand feststellt, wieviele Nüsse ich habe. Ich fühlte mich gut mit den ganzen Nüssen. Ich hab viel mehr als ihr, ihr hättet das auch gern, ich weiß das, aber das sind meine Nüsse.
Teilen wollte ich meine Nüsse nun nicht mehr. Ich wusste ja nun, dass der Winter lang werden kann und man nie weiß, wie lang der Winter wirklich wird. Und dass es auch im Frühling schlechte Tage geben kann. Und sogar im Sommer oder im Herbst. Muss am Klimawandel liegen, meinte das Eichhörnchen.
Jeden Tag ging ich nun so schnell wie möglich nach Hause, um Zeit mit den Walnüssen und dem Eichhörnchen zu verbringen.
Ich ging kaum noch einkaufen. Ich aß kaum noch etwas außer Walnüsse. Das Eichhörnchen wurde mein bester Freund. Es hörte mir zu. Es baute mich auf. Es verstand mich. Und es hatte immer Nüsse dabei. Es war ein gutes Eichhörnchen, ich war mir sicher: Eichhörnchen sind besser als Menschen.
Ich bin ein treuer Mensch. Das sind die wenigsten Menschen, lernte ich. Lügen, Betrügen, Fremdgehen, Mobbing: das alles ist menschlich. Das Eichhörnchen macht sowas nicht. Das Eichhörnchen ist ehrlich. Und nach einigen Jahren schlief es sogar bei mir im Bett.
Später begleitete es mich auch nach draußen, es wurde immer zutraulicher, ich freute mich. Es versteckte sich in meiner Tasche. Meine Taschen wurden immer größer, und ohne Tasche konnte ich nicht mehr aus dem Haus gehen, damit ich das Eichhörnchen und die Nüsse verstecken kann.
Nun war auch ich erwachsen, zumindest auf dem Papier, und verstand die Erwachsenen noch weniger als vorher. Ich war nicht so wie sie. Ich hatte mein verstecktes Eichhörnchen und meine Nüsse. Nie kam ich auf den Gedanken, dass die anderen Erwachsenen ihre Nüsse genauso schützen wie ich.
Das Eichhörnchen wurde mein wichtigster Ratgeber. Ich habe niemand anderen gefragt. Ich hatte nur noch Vertrauen in mich selbst und das Eichhörnchen. Es wusste immer, was zu tun war. Meistens war die Lösung einfach: Walnüsse helfen immer.
In meine Wohnnung ließ ich nur noch Menschen, die auch Walnüsse mochten. Aber ich achtete stets darauf, dass sie mir nichts wegnahmen von meinen Walnüssen. Manchmal tauschten wir unsere Walnüsse. Und wenn jemand ganz besonders Walnüsse hatte oder Walnüsse so liebte wie ich, dann blieb die Person länger.
So vergingen die Jahre. Mit mir, den Nüssen und dem Eichhörnchen.
Ich hatte nie Probleme mit dem Eichhörnchen. Die Walnüsse waren immer noch hervorragend, wenn auch der Geschmack etwas schaler wurde. Ich hatte mich schon zu sehr daran gewöhnt.
Das Eichhörnchen mag allerdings keine Flugzeuge. Flog ich weg, ließ ich das Eichhörnchen zuhause. Wenn ich wiederkam, war es wütend auf mich, weil es sich im Stich gelassen fühlte. Ich musste ihm meine Liebe beweisen, indem ich so viele Walnüsse aß, bis mir schlecht wurde. Das Eichhörnchen meinte, das müsste so sein, als Strafe, weil ich es allein gelassen habe. Ich sollte nichts anderes mehr essen, nur noch Walnüsse. Und nur noch mit Menschen befreundet sein, die auch Walnüsse haben. Ich versprach es. Und aß jeden Tag Walnüsse, sonst nichts mehr. Ich wurde immer dünner. Das Eichhörnchen freute sich, denn es sah, dass ich mir Mühe gab, es zufriedenzustellen. Ich sorgte dafür, dass immer Walnüsse im Haus waren, denn ich woltle nicht, dass das Eichhörnchen nochmal so böse auf mich wird. Es war doch mein längster und bester Freund. Ich wollte es nicht verlieren. Es war doch immer für mich da. Es hat mir geholfen, wenn es mir schlecht ging. Es hörte mir zu. Es hatte immer die besten Walnüsse oder wusste, wo die besten Walnussbäume sind.
Trotzdem, ganz ohne Menschen geht es nicht. Ich muss ja auch studieren. Aber auch zur Uni kam das Eichhörnchen mit, in der Nähe des Campus gab es einen Walnussbaum, verriet es mir. Und so saßen wir manchmal, statt im Seminar, unterm Walnussbaum. Mit vielen anderen, die auch Nüsse aßen. Da mein Eichhörnchen Menschen nicht mag, versteckte es sich währenddessen in meiner großen Tasche und warf ab und an eine Walnuss raus.
Dann passierte, wovor das Eichhörnchen mich gewarnt hat. Ich verliebte mich. Der Mann mochte auch Walnüsse, aber er hatte kein Eichhörnchen. So genoßen wir gemeinsam die Walnüsse, aber vom Eichhörnchen erzählte ich nichts. Mein Eichhörnchen wurde eifersüchtig, weil ich nicht mehr so viel Zeit für es hatte. Deshalb fing es an, sich auch zu zeigen, wenn ich bei dem Mann war. Der Mann kam zu mir und meinte, in der Wohnung würde ein Eichhörchen rumlaufen, mit bösen, roten Augen, er mag das Eichhörnchen nicht und er überlegt, ob er einen Kammerjäger rufen soll. Ich sagte ihm nicht, dass es mein Eichhörnchen war und dass ich das regeln würde, ein Kammerjäger wäre viel zum umständlich. Ich schimpfe mit dem Eichhörnchen ,es solle dem Mann keine Angst machen. Es guckte mich mit seinen süßen Knopfaugen an und versprach es mir.
Zum ersten Mal hielt das Eichhörnchen seine Versprechungen nicht. Es zeigte sich dem Mann immer öfter. Der Mann behauptete, es wäre ein böses Eichhörnchen, ich verneinte das, es war ja schließlich ein Walnusseichhörnchen, nicht eins mit Haselnüssen, wie damals beim Chef. Der Mann wollte mir glauben, weil er mich liebte. Das Eichhörnchen drehte noch mehr auf und sprang dem Mann auf die Schulter, wenn er arbeiten musste. Der Mann4 fing an, mehr Walnüsse zu essen, um sich mit meinem Eichhörnchen anzufreunden. Das Eichhörnchen wollte ihn nicht. Es wollte mich für sich allein.
Der Mann ging. Ich war wütend auf das Eichhörnchen und sperrte es eine Woche mit den Nüssen in einen Schrank ein und warf den Schlüssel weg. Der Mann kam nicht wieder. Ich brach den Schrank auf und aß die Nüsse. Im dunkeln des Schrankes sah ich zum ersten Mal, wie mein Eichhörnchen sich anderen gegenüber zeigte, ich sah die bösen, roten Augen und erschrack mich und verstand kurz, warum niemand mein Eichhörnchen mochte. Als Licht in den Schrank fiel, sh es wieder so unschuldig aus wie immer. Ich dachte, ich hätte mich irgendwie verguckt und vergaß es.
Ich war so unglücklich, weil der Mann weg war. Das Eichhörnchen sprach zu mir und tröstete mich. E würde immer bei mir bleiben und mir Walnüsse bringen. Auf Menschen kann man sich halt nicht verlassen, auf Eichhörnchen schon.
Ich ging Wochen nicht vor die Tür und hörte zu, was das Eichhörnchen mir erzählte. Ich entwickelte Angst vor Menschen. Selbst vor Menschen, die Nüsse mögen, weil selbst die nun meinten, ich würde zu viele Nüsse essen, sie hätten noch nie jemanden gesehen, der mehr Nüsse essen kann als ich. Ich aß die Nüsse, immer und immer wieder, mir wurde schlecht.
Ich lernte einen Mann mit einer Nussallergie kennen. Das Eichhörnchen meinte, ich solle mich fernhalten, denn er wollte nicht, dass ich Nüsse mitbringe, egal, welche, wenn wir uns trafen. Ich verzehrte vor unseren Treffen ganz viele Nüsse und ging dann ohne Nüsse zu ihm.
Ich mochte den Mann, trotz seiner Nussallergie. Ich verließ den Mann, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass er mich noch mag, wenn er von meinem Eichhörnchen und den Nussvorräten weiß.
Ich mochte den Mann immer noch. Irgendwas läuft hier falsch. Das Eichhörnchen behauptet, mein Freund zu sein, aber es gönnt mir kein anders Glück, nur die Nüsse, die mittlerweile nicht mehr so gut schmeckten wie früher.
Möchte ich das wirklich, mit dne Nüssen essen, mein Leben lang? Zum ersten Mal in meinem Leben sprach ich mit Menschen, die sich mit Eichhörnchen auskennen und die keine Nüsse mögen. Es kam mir wie Verrat an meinem Eichhörnchen vor. Wenn ich keine Nüsse mehr esse, was soll ich dann essen? Und wenn das Eichhörnchen nicht mehr mein Freund ist: Wer ist dann für mich da?
Ich sprach mit dem Eichhörnchen über m eine Gedanken, mal ne Weile keine Nüsse zu essen. Ich weiß nicht, wie die Welt ohne Nüsse aussieht. Das Eichhörnchen zeterte und tat alles, um mich zu überreden. Es zählte auf, was mich in meinem Leben alles enttäuscht hat, welche Erfahrungen ich gemacht habe und dass ich das ohne das Eichhörncehn nicht so gut gschafft hätte. Es hatte Recht. Trotzdem wollte ich nicht mehr.
Ich wollte probieren, wie es ist, ohne Nüsse zu leben. Das Eichhörnchen meinte, das könne ich ruhig probieren, ich werde es eh nicht schaffen, dafür liebe ich Nüsse zu sehr. Auch die anderen Nussmenschen machten sich lustig über mein Vorhaben. Das Eichhörnchen sagte auch, dass es mich nicht in Ruhe lassen werde und dass es die Tage zählen wird, bis ich weinend vor ihm sitze und nach Nüssen frage. Ich hab das Eichhörnchen gefragt, was es unter Freunschaft versteht. Warum es mich n icht unterstützt. Es drehte sich dreimal im Kreis und verwandelte sich vor meinen Augen. Nun sah ich das Eichhörnchen so, wie der Mann es sah. Mit den roten, bösen Augen und gar nicht süß.
Ich war entsetzt und warf die Nüsse weg. Und sagte dem Eichhörnchen, dass es verschwinden soll. Es lachte mich aus. Ich könne ja die Nüsse wegwerfen, aber es selbst werde nicht gehen. Wir sind doch Freunde, oder? Sonst ist doch eh niemand da, oder? Wer soll dir schon zuhören, wenn ich nicht mehr da bin! Es war so siegessicher und zog eine Fratze. In diesem Moment hasste ich das Eichhörnchen zum ersten Mal und schmiß es aus meiner Wohnung.
Nun war ich allein. Das Eichhörnchen hielt sein Versprechen und ließ mich nicht in Ruhe. Nachts ließ es mch nicht schlafen, weil es ständig ans fEnstler klopfte oder an der Tür klingelte. Es wollte mich mürbe machen. Ich öffnete nicht. Sobald ich das Haus verließ, folgte es mir und wollte mir Walnüsse schenken. Ich lehnte ab.
Ich möchte keine Walnüsse mehr essen. Seitdem ich keine mehr esse, merke ich, wieviele Menschen keine essen und kein Eichhörnchen haben. Und dass sie ohne Nüsse glücklich sind. Das möchte ich auch mal probieren, sagte ich dem Eichhörnchen. Es lachte mich weiterhin aus.
Ich sperrte es weiterhin aus und setze mich stattdessen auf bäume, die keine walnussbäume sind, um zu schreiben, und blicke nach oben.
Das Eichhörnchen kommt mittlerweile nicht mehr jeden Tag vorbei, aber ob es mich jemals ganz verlässt, weiß ich nicht. Es lauert jedenfalls und wartet auf schwache Momente. Aber ich möchte stärker sein als das Eichhörnchen. Ich habe Jahre gebruacht, um zu lernen, dass es nicht mein Freund ist. Es tut weh, das zu sehen.
Ich bin ...., und ich habe ein eichhörnchen dabei, dass ihr nicht sehen könnt. Viele von euch haben auch eins, ich weiß das. Wir eichhörnchenfreunde sind gut im verstecken, das haben wir ja von den eichhörnchen gelernt.
(ende finden besser...)
so. hier nun, der text. rechte liegen bei mir ;)
Das Eichhörnchen
Hallo, ich bin .... und ich bin nicht alleine hier. Ich habe immer ein Eichhörnchen dabei, ihr seht es nur nicht, weil es sich meistens versteckt, wenn ich in der Öffentlichkeit stehe und Rollen spiele.
Ich habe das Eichhörnchen kennengelernt, als ich 16 war. Damals saß ich oft an einem stillgelegten Bahnhof unter einer Treppe. Ich mochte das Dunke, das Modrige, die Einsamkeit und den Gestank nach Pisse. Dort saß ich nachmittags nach der Schule, wenn ich nicht auf einem Baum saß. Das war mein zweiter Lieblingsort. Hoch oben in einem Baum mit Blick auf die Fußballplätze. Dort saß ich mit meinem Schreibblock und schrieb, während die Menschen an mir vorbeigingen und nicht nach oben sahen. Es guckt sowieso nie jemand nach oben.
Auch das Eichhörnchen nicht. Und so traf ich es auch nicht auf dem Baum, sondern unter der Treppe. Ich sah das Eichhörnchen und fand es irgendwie interessant, doch es beachtete mich nicht, und ich wusste auch nicht, wie ich es anlocken konnte. Aber ich hatte das Gefühl, dass ich mich mit dem Eichhörnchen besser verstehen würde als mit meinen Schulkameraden oder meinen bekloppten Eltern. Ich wollte es unbedingt kennenlernen.
Und so ging ich in die Bücherei und besorgte mir alles, was es über Eichhörnchen an Informationen zu finden gab. Wie man es anlocken kann. Was es mag. Wie man mit dem Eichhörnchen umgeht.
In der Schule lernten wir nichts über Eichhörnchen. Bis auf einmal, in der 5. oder 6. Klasse, da wurde das Eichhörnchen erwähnt, seltsamerweise im Religionsunterricht. Mein Lehrer mochte keine Eichhörnchen. Er sagte, Eichhörnchen sind böse und die Tiere des Teufels. Ich mochte weder Religionsunterricht noch gläubige Menschen und Erwachsene hielt ich als 12/13jährige für elendige Lügner, die eh nie die Wahrheit sagen. Deshalb machte mich das nur neugieriger auf das Eichhörnchen und auf die Nüsse, die es dabei hat. Wir lernten, dass es verschiedene Nussarten gibt, die alle anders schmecken. Später lernte ich, dass fast jeder Mensch Nüsse mag, bis auf die mit Nussallergie, aber jeder mag andere. Der eine mag Walnüsse, der andere Haselnüsse und einer ißt nur Erdnussbutter, was auch nussig genug sein kann.
Ich versuchte täglich, das Eichhörnchen anzulocken, damit es mir den Platz mit den Nüssen zeigt. Durch das ganze Lesen fühlte ich mich bestens vorbereitet und ich dachte, dass wir Freunde werden können, wenn ich es nur richtig anstelle. Also eine gute Freundschaft. Eine auf Augenhöhe. Endlich jemand, der mir zuhört und mich versteht.
Ich saß unter der Treppe und redete mit dem Eichhörnchen, dass ich nicht sehen konnte. Am nächsten Tag lagen Nüsse unter der Treppe. Ich nahm den Geruch nach Pisse und die Modrigkeit schon lang nicht mehr wahr, ich hatte mich daran gewöhnt. Nun hatte ich Nüsse, aber keinen Nussknacker. Wie bekomme ich die Nuss auf??? Ich probierte alles, bis ich eine Lösung fand und mir einen Nussknacker selbst baute.
Als ich meine erste Nuss aß, wusste ich, dass ich recht hatte. Die Nüsse schmeckten hervorragend! Paradisiesch! Natürlich wollen die Erwachsenen nicht, dass wir uns mit Eichhörnchen unterhalten und Nüsse essen. Die wollen das bestimmt nur für sich und sind neidisch, weil ich jetzt auch Nüsse habe. Ich muss aufpassen. Ich muss von dem Eichhörnchen lernen und meine Nüsse verstecken. Und den Nussknacker auch. Ich darf niemandem davon erzählen! Das ist mein Geheimnis. Unser Geheimnis. Wir werden bestimmt Freunde, das Eichhörnchen und ich.
Ich ging nun jeden Tag zum dunken Platz unter der Treppe. Den Baum habe ich nicht mehr besucht. Auch mein Schreibblock blieb zuhause. Ich erzählte meine Geschichten nun dem Eichhörnchen. Jeden Tag ließ es mir Nüsse da. Meine Geschichten schienen ihm zu gefallen. Ich bekam immer nur Walnüsse, andere gab es wohl in der Gegend nicht. Es machte mir aber nichts aus, jeden Tag Walnüsse zu essen. Ich bin eine treue Seele. Ich esse auch immer jahrelang dasselbe zum Frühstück oder trinke diesselben Getränke, ich gewöhne mich und frage mich, was denn noch besser schmecken könnte.
Nach einem Jahr mit Walnüssen und dem Eichhörnchen, dass ich immer noch wirklich zutraulich gemacht habe, wurde es mir zu langweilig, immer nur unter der Treppe in dem Loch zu sitzen.
Ich wechselte das Ambiente und stellte fest, dass es woanders andere Nussarten gab. Mein Chef erzählte mir, dass er ein Eichhörnchen zum Freund hat, er schien stolz darauf zu sein. Ich war überrascht, dass mir ein Erwachsener von Eichhörnchen erzählt. Seins brachte aber Haselnüsse. Er war so begeistert von den Haselnüssen, dass ich beschloss, es auch mal mit Haselnüssen zu probieren. Sein Eichhörnchen lebte nicht unter einer Treppe an einem stillgelegten Bahnhof. Sondern in einem Lokal an einem Bahnhof, der nicht stillgelegt war. Entsprechend voll war es dort. Und überall Nüsse, einfach so, auf den Tischen. Was für eine Welt! Und ich sah die Eichhörnchen durchs Lokal flitzen, aber keins sah aus wie meins. Diese Eichhörnchen hier wirkten anders. Einige waren ganz zerzaust. Einige sehr abgemagert. Ich sah sogar Eichhörnchen, die an einer Leine geführt wurden. Und Eichhörnchen, die irgenwie böse aussahen.
Nachdem ich einige Monate mit meinen Chef seine Nüsse gegessen hatte, verging mir der Appetit, denn er stellte mir sein Eichhörnchen vor. Ich merkte sofort, dass es ein böses Eichhörnchen ist. Und ich hatte recht. Es klaute dem Chef seine Nüsse, es bestahl sogar den Oberboss und behauptete, der Chef sei schuld. Deshalb durfte der Chef nicht mehr arbeiten und war nun täglich mit seinem Eichhörnchen unterwegs. Ich sah ihn nicht mehr. Dafür sein Eichhörnchen. An seinem Grab, einige Monate später. Es tanzte auf dem Grab und freute sich. Seitdem bin ich vorsichtig mit Haselnüssen.
Als ich 18 wurde, zog ich aus, damit ich bessere Verstecke für meine Nüsse habe. Ich dachte, dass meine Mutter, wenn ich auf der Arbeit bin, bestimmt mein Zimmer durchsucht, weil sie meine Nüsse haben will. In meiner eigenen Wohnung hatte ich viel Platz und gute Verstecke. Und es gab einen Baum vor meinem Fenster, einen Walnussbaum. Ich hoffte, dass ich mein Eichhörnchen noch mal wiedersehen würde, aber es blieb bei den Nüssen.
Ich lernte immer mehr Menschen kennen mit Vorlieben für Nüsse. Ich lernte, das einige Menschen so viel Lust auf Nüsse hatten, dass sie sogar neue erfanden. Im Labor. Künstliche Nüsse! Was es nicht alles gibt. Die Erwachsenenwelt hat einiges zu bieten, und nichts davon haben die mir vorher gesagt. Die Erwachsenen wollen nur nicht, dass wir Nüsse essen, weil sie sie für sich haben wollen, sagte ich mir immer wieder. Ich lernte, dass ich die Nüsse nicht nur roh essen muss und lud mir Menschen ein, die mir zeigten, wie man Nusskuchen backt.
Ich hab meinen seriösen Beruf aufgegeben, weil ich die Nussmenschen einfach spannender fand. Gerade nachts trifft man viele Menschen mit Nüssen und versteckten Eichhörnchen. Ich war überrascht, wieviele Nusssorten es gibt. Ich probierte sie alle. Die einen schmeckten mir mehr, die anderen weniger gut. Aber zum Schluss kam ich immer wieder auf den Anfang zurück. Die Walnüsse. Das Eichhörnchen, den Gestank nach Pisse, die Modrigkeit und die Pubertät hatte ich fast vergessen.
Irgendwann, nach zwei, drei Jahren, wurde mir schlecht von den ganzen verschiedenen Nüssen. Manchmal tat mein Bauch mir tagelang weh, weil ich zu viele verschiedene Nüsse gegessen hatte.
Ich ließ es sein mit den verschiedenen Nüssen, ging spazieren und fand einen Walnussbaum. Ich erinnerte mich, dass es mir allein mit den Walnüssen immer gut gegangen ist. Das hat vor Jahren geholfen, es wird auch jetzt helfen.
Und so sammelte ich Walnüsse. Und nahm sie mit nach Hause.
Ich sperrte mich in meine Wohnung ein und beschäftigte mich mit den Walnüssen. Besorgte mir neue Bücher über Eichhörnchenpflege und Rezeptbücher für Walnüsse.
Dann kam ein langer Winter. Es lag Schnee. Ich hatte Mühe, die Nüsse zu finden, denn die, dich gesammelt hatte und in meinen Verstecken gelagert hatte, waren verzehrt. Ich durchsuchte meine ganze Wohnung nach Walnüssen, die ich vielleicht übersehen habe, fand aber wenn nur kleine Krümel, die mir beim essen aus dem Mund gefallen sind. Ich rief andere Walnussfreunde an, doch niemand wollte etwas abgeben. Alle dachte, das der Winter lang wird und sie hockten auf ihren Vorräten. Da merkte ich, dass meinen Freunden die Nüsse wichtiger sind als ich.
An diesem Abend, als ich keine Walnüsse fand und deshalb sehr traurig war, ich durch meine Wohnung kroch und die Krümel zusammensuchte um zu gucken, ob ich mir daraus nicht zumindest noch nen Keks backen könnte, da war es auf einmal da.
Das Eichhörnchen. Es lugte um die Ecke. Es hatte so süße Augen. Es war kein böses Eichhörnchen, nicht so, wie das vom Chef. Es war süß. Es war gut genährt. Es hatte so süße Knopfaugen. Ich fasste sofort Vertrauen und redete wieder mit dem Eichhörnchen, wie früher, unter der Treppe.
Diesmal verschwand es nicht. Es blieb bei mir und redete mir mir. Es erklärte mir, wie man sich am besten Nussvorräte anlegt, um über den Winter zu kommen, wo es die besten Nüsse gibt und dass ich aufpassen soll, wem ich erzähle, wo ich meine Nüsse lager. Ich dachte, jeder möchte nur meine Nüsse haben, statt mit mir zu sprechen. Den Menschen gegenüber wurde ich nun vorsichtiger. Ich hatte Angst, dass jemand feststellt, wieviele Nüsse ich habe. Ich fühlte mich gut mit den ganzen Nüssen. Ich hab viel mehr als ihr, ihr hättet das auch gern, ich weiß das, aber das sind meine Nüsse.
Teilen wollte ich meine Nüsse nun nicht mehr. Ich wusste ja nun, dass der Winter lang werden kann und man nie weiß, wie lang der Winter wirklich wird. Und dass es auch im Frühling schlechte Tage geben kann. Und sogar im Sommer oder im Herbst. Muss am Klimawandel liegen, meinte das Eichhörnchen.
Jeden Tag ging ich nun so schnell wie möglich nach Hause, um Zeit mit den Walnüssen und dem Eichhörnchen zu verbringen.
Ich ging kaum noch einkaufen. Ich aß kaum noch etwas außer Walnüsse. Das Eichhörnchen wurde mein bester Freund. Es hörte mir zu. Es baute mich auf. Es verstand mich. Und es hatte immer Nüsse dabei. Es war ein gutes Eichhörnchen, ich war mir sicher: Eichhörnchen sind besser als Menschen.
Ich bin ein treuer Mensch. Das sind die wenigsten Menschen, lernte ich. Lügen, Betrügen, Fremdgehen, Mobbing: das alles ist menschlich. Das Eichhörnchen macht sowas nicht. Das Eichhörnchen ist ehrlich. Und nach einigen Jahren schlief es sogar bei mir im Bett.
Später begleitete es mich auch nach draußen, es wurde immer zutraulicher, ich freute mich. Es versteckte sich in meiner Tasche. Meine Taschen wurden immer größer, und ohne Tasche konnte ich nicht mehr aus dem Haus gehen, damit ich das Eichhörnchen und die Nüsse verstecken kann.
Nun war auch ich erwachsen, zumindest auf dem Papier, und verstand die Erwachsenen noch weniger als vorher. Ich war nicht so wie sie. Ich hatte mein verstecktes Eichhörnchen und meine Nüsse. Nie kam ich auf den Gedanken, dass die anderen Erwachsenen ihre Nüsse genauso schützen wie ich.
Das Eichhörnchen wurde mein wichtigster Ratgeber. Ich habe niemand anderen gefragt. Ich hatte nur noch Vertrauen in mich selbst und das Eichhörnchen. Es wusste immer, was zu tun war. Meistens war die Lösung einfach: Walnüsse helfen immer.
In meine Wohnnung ließ ich nur noch Menschen, die auch Walnüsse mochten. Aber ich achtete stets darauf, dass sie mir nichts wegnahmen von meinen Walnüssen. Manchmal tauschten wir unsere Walnüsse. Und wenn jemand ganz besonders Walnüsse hatte oder Walnüsse so liebte wie ich, dann blieb die Person länger.
So vergingen die Jahre. Mit mir, den Nüssen und dem Eichhörnchen.
Ich hatte nie Probleme mit dem Eichhörnchen. Die Walnüsse waren immer noch hervorragend, wenn auch der Geschmack etwas schaler wurde. Ich hatte mich schon zu sehr daran gewöhnt.
Das Eichhörnchen mag allerdings keine Flugzeuge. Flog ich weg, ließ ich das Eichhörnchen zuhause. Wenn ich wiederkam, war es wütend auf mich, weil es sich im Stich gelassen fühlte. Ich musste ihm meine Liebe beweisen, indem ich so viele Walnüsse aß, bis mir schlecht wurde. Das Eichhörnchen meinte, das müsste so sein, als Strafe, weil ich es allein gelassen habe. Ich sollte nichts anderes mehr essen, nur noch Walnüsse. Und nur noch mit Menschen befreundet sein, die auch Walnüsse haben. Ich versprach es. Und aß jeden Tag Walnüsse, sonst nichts mehr. Ich wurde immer dünner. Das Eichhörnchen freute sich, denn es sah, dass ich mir Mühe gab, es zufriedenzustellen. Ich sorgte dafür, dass immer Walnüsse im Haus waren, denn ich woltle nicht, dass das Eichhörnchen nochmal so böse auf mich wird. Es war doch mein längster und bester Freund. Ich wollte es nicht verlieren. Es war doch immer für mich da. Es hat mir geholfen, wenn es mir schlecht ging. Es hörte mir zu. Es hatte immer die besten Walnüsse oder wusste, wo die besten Walnussbäume sind.
Trotzdem, ganz ohne Menschen geht es nicht. Ich muss ja auch studieren. Aber auch zur Uni kam das Eichhörnchen mit, in der Nähe des Campus gab es einen Walnussbaum, verriet es mir. Und so saßen wir manchmal, statt im Seminar, unterm Walnussbaum. Mit vielen anderen, die auch Nüsse aßen. Da mein Eichhörnchen Menschen nicht mag, versteckte es sich währenddessen in meiner großen Tasche und warf ab und an eine Walnuss raus.
Dann passierte, wovor das Eichhörnchen mich gewarnt hat. Ich verliebte mich. Der Mann mochte auch Walnüsse, aber er hatte kein Eichhörnchen. So genoßen wir gemeinsam die Walnüsse, aber vom Eichhörnchen erzählte ich nichts. Mein Eichhörnchen wurde eifersüchtig, weil ich nicht mehr so viel Zeit für es hatte. Deshalb fing es an, sich auch zu zeigen, wenn ich bei dem Mann war. Der Mann kam zu mir und meinte, in der Wohnung würde ein Eichhörchen rumlaufen, mit bösen, roten Augen, er mag das Eichhörnchen nicht und er überlegt, ob er einen Kammerjäger rufen soll. Ich sagte ihm nicht, dass es mein Eichhörnchen war und dass ich das regeln würde, ein Kammerjäger wäre viel zum umständlich. Ich schimpfe mit dem Eichhörnchen ,es solle dem Mann keine Angst machen. Es guckte mich mit seinen süßen Knopfaugen an und versprach es mir.
Zum ersten Mal hielt das Eichhörnchen seine Versprechungen nicht. Es zeigte sich dem Mann immer öfter. Der Mann behauptete, es wäre ein böses Eichhörnchen, ich verneinte das, es war ja schließlich ein Walnusseichhörnchen, nicht eins mit Haselnüssen, wie damals beim Chef. Der Mann wollte mir glauben, weil er mich liebte. Das Eichhörnchen drehte noch mehr auf und sprang dem Mann auf die Schulter, wenn er arbeiten musste. Der Mann4 fing an, mehr Walnüsse zu essen, um sich mit meinem Eichhörnchen anzufreunden. Das Eichhörnchen wollte ihn nicht. Es wollte mich für sich allein.
Der Mann ging. Ich war wütend auf das Eichhörnchen und sperrte es eine Woche mit den Nüssen in einen Schrank ein und warf den Schlüssel weg. Der Mann kam nicht wieder. Ich brach den Schrank auf und aß die Nüsse. Im dunkeln des Schrankes sah ich zum ersten Mal, wie mein Eichhörnchen sich anderen gegenüber zeigte, ich sah die bösen, roten Augen und erschrack mich und verstand kurz, warum niemand mein Eichhörnchen mochte. Als Licht in den Schrank fiel, sh es wieder so unschuldig aus wie immer. Ich dachte, ich hätte mich irgendwie verguckt und vergaß es.
Ich war so unglücklich, weil der Mann weg war. Das Eichhörnchen sprach zu mir und tröstete mich. E würde immer bei mir bleiben und mir Walnüsse bringen. Auf Menschen kann man sich halt nicht verlassen, auf Eichhörnchen schon.
Ich ging Wochen nicht vor die Tür und hörte zu, was das Eichhörnchen mir erzählte. Ich entwickelte Angst vor Menschen. Selbst vor Menschen, die Nüsse mögen, weil selbst die nun meinten, ich würde zu viele Nüsse essen, sie hätten noch nie jemanden gesehen, der mehr Nüsse essen kann als ich. Ich aß die Nüsse, immer und immer wieder, mir wurde schlecht.
Ich lernte einen Mann mit einer Nussallergie kennen. Das Eichhörnchen meinte, ich solle mich fernhalten, denn er wollte nicht, dass ich Nüsse mitbringe, egal, welche, wenn wir uns trafen. Ich verzehrte vor unseren Treffen ganz viele Nüsse und ging dann ohne Nüsse zu ihm.
Ich mochte den Mann, trotz seiner Nussallergie. Ich verließ den Mann, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass er mich noch mag, wenn er von meinem Eichhörnchen und den Nussvorräten weiß.
Ich mochte den Mann immer noch. Irgendwas läuft hier falsch. Das Eichhörnchen behauptet, mein Freund zu sein, aber es gönnt mir kein anders Glück, nur die Nüsse, die mittlerweile nicht mehr so gut schmeckten wie früher.
Möchte ich das wirklich, mit dne Nüssen essen, mein Leben lang? Zum ersten Mal in meinem Leben sprach ich mit Menschen, die sich mit Eichhörnchen auskennen und die keine Nüsse mögen. Es kam mir wie Verrat an meinem Eichhörnchen vor. Wenn ich keine Nüsse mehr esse, was soll ich dann essen? Und wenn das Eichhörnchen nicht mehr mein Freund ist: Wer ist dann für mich da?
Ich sprach mit dem Eichhörnchen über m eine Gedanken, mal ne Weile keine Nüsse zu essen. Ich weiß nicht, wie die Welt ohne Nüsse aussieht. Das Eichhörnchen zeterte und tat alles, um mich zu überreden. Es zählte auf, was mich in meinem Leben alles enttäuscht hat, welche Erfahrungen ich gemacht habe und dass ich das ohne das Eichhörncehn nicht so gut gschafft hätte. Es hatte Recht. Trotzdem wollte ich nicht mehr.
Ich wollte probieren, wie es ist, ohne Nüsse zu leben. Das Eichhörnchen meinte, das könne ich ruhig probieren, ich werde es eh nicht schaffen, dafür liebe ich Nüsse zu sehr. Auch die anderen Nussmenschen machten sich lustig über mein Vorhaben. Das Eichhörnchen sagte auch, dass es mich nicht in Ruhe lassen werde und dass es die Tage zählen wird, bis ich weinend vor ihm sitze und nach Nüssen frage. Ich hab das Eichhörnchen gefragt, was es unter Freunschaft versteht. Warum es mich n icht unterstützt. Es drehte sich dreimal im Kreis und verwandelte sich vor meinen Augen. Nun sah ich das Eichhörnchen so, wie der Mann es sah. Mit den roten, bösen Augen und gar nicht süß.
Ich war entsetzt und warf die Nüsse weg. Und sagte dem Eichhörnchen, dass es verschwinden soll. Es lachte mich aus. Ich könne ja die Nüsse wegwerfen, aber es selbst werde nicht gehen. Wir sind doch Freunde, oder? Sonst ist doch eh niemand da, oder? Wer soll dir schon zuhören, wenn ich nicht mehr da bin! Es war so siegessicher und zog eine Fratze. In diesem Moment hasste ich das Eichhörnchen zum ersten Mal und schmiß es aus meiner Wohnung.
Nun war ich allein. Das Eichhörnchen hielt sein Versprechen und ließ mich nicht in Ruhe. Nachts ließ es mch nicht schlafen, weil es ständig ans fEnstler klopfte oder an der Tür klingelte. Es wollte mich mürbe machen. Ich öffnete nicht. Sobald ich das Haus verließ, folgte es mir und wollte mir Walnüsse schenken. Ich lehnte ab.
Ich möchte keine Walnüsse mehr essen. Seitdem ich keine mehr esse, merke ich, wieviele Menschen keine essen und kein Eichhörnchen haben. Und dass sie ohne Nüsse glücklich sind. Das möchte ich auch mal probieren, sagte ich dem Eichhörnchen. Es lachte mich weiterhin aus.
Ich sperrte es weiterhin aus und setze mich stattdessen auf bäume, die keine walnussbäume sind, um zu schreiben, und blicke nach oben.
Das Eichhörnchen kommt mittlerweile nicht mehr jeden Tag vorbei, aber ob es mich jemals ganz verlässt, weiß ich nicht. Es lauert jedenfalls und wartet auf schwache Momente. Aber ich möchte stärker sein als das Eichhörnchen. Ich habe Jahre gebruacht, um zu lernen, dass es nicht mein Freund ist. Es tut weh, das zu sehen.
Ich bin ...., und ich habe ein eichhörnchen dabei, dass ihr nicht sehen könnt. Viele von euch haben auch eins, ich weiß das. Wir eichhörnchenfreunde sind gut im verstecken, das haben wir ja von den eichhörnchen gelernt.
(ende finden besser...)
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